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Nachträgliche Übertragung in das Wohnungseigentum nach den §§ 15 b ff WGG
von Dr. Rudolf Schweinhammer
1. Einleitung: Die Abwicklung von Kaufverträgen im Falle der nachträglichen Übertragung ins Wohnungseigentum unterscheidet sich wesentlich von jener bei "gewöhnlichen" Kaufverträgen.
Der Käufer bewohnt das Kaufobjekt bereits und kennt es daher aus eigener Nutzung. Die Kaufentscheidung erfolgt aufgrund des Anbotes, welches die GBV legt. Das Anbot hat mit Ausnahme des objektabhängigen Preises gleichlautend an alle Mieter der Wohnanlage zu ergehen. Zu errichten sind gleichlautende Kaufverträge und der Wohnungseigentumsvertrag.
Absicht des Gesetzgebers war, die Bildung von Eigentum zu fördern. Trotzdem soll der Mieter/Käufer besonders geschützt werden. Insbesondere die Bestimmungen des WGG für die nachträgliche Übertragung ins Wohnungseigentum sind nicht klar strukturiert und eindeutig formuliert. Viele Fragen für die Abwicklung bleiben offen. Die Literatur ist spärlich, Rechtssprechung ist so gut wie nicht vorhanden.
Nach dem WEG 2002 muss an allen wohnungseigentumstauglichen Objekten Wohnungseigentum begründet werden. Nicht verkaufte Wohnungen verbleiben daher im Wohnungseigentum der GBV. Die GBV mutiert zum Vermieter einer Eigentumswohnung und muss allen Verpflichtungen des WEG nachkommen.
Aus der geschilderten Ausgangssituation ergeben sich für den Urkundenverfasser und Treuhänder zahlreiche Probleme.
2. Phase vor Anbotslegung: 2.1. Grundbuchstand: Ist der aktuelle Grundbuchstand korrekt? Kann allenfalls veranlasst werden, dass Belastungen, insbesondere im A2-Blatt angemerkte Verpflichtungen oder im C-Blatt eingetragene Reallasten, Dienstbarkeiten ua gelöscht werden?
2.2. Ein Vertrag für alle Käufer oder jedem Käufer sein Vertrag? Soll ein gemeinsamer Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag oder separate Kaufverträge und ein Wohnungseigentumsvertrag errichtet werden? - Vor- und Nachteile bieten beide Varianten.
2.3. Rückzahlungen, Schuldübernahmen, Aufteilungen: Welche Förderung kommt für das konkrete Objekt zur Anwendung? Welche Förderungsdarlehen, Zuschüsse, Eigenmittelersatzdarlehen und Bankdarlehen müssen zurück bezahlt werden, welche müssen vom Käufer übernommen werden? Gibt es allenfalls Forderungsabtretungen? Müssen Rückzahlungstermine eingehalten werden und gibt es Kündigungsfristen? Muss gesondert aufgekündigt werden?
Die Schuldübernahme muss mit den Gläubigern abgesprochen wer-den. Verlangen die Gläubiger die Vorlage von Vertragskopien und Urkunden, zB Einkommensnachweise der Käufer? Sind die Gläubiger bereit, der Aufteilung der Darlehen auf die zukünftigen Wohnungseigentümer und im Grundbuch zuzustimmen, richten sie für jeden Wohnungseigentümer ein separates Konto ein oder wollen sie die Abrechnung wie bisher beibehalten? Sind die Gläubiger bereit, die GBV hinsichtlich der verkauften Wohnungseigentumsobjekte aus der persönlichen Haftung zu entlassen und verrechnen sie allenfalls Spesen für Ihre Bearbeitung wenn ja, in welcher Höhe? Wie werden diese Spesen und die Kosten für die erforderliche Grundbuchsurkunde verrechnet?
3. Anbotslegung: 3.1. Was wird ins Anbot aufgenommen? Welche Bedingungen können ins Anbot aufgenommen werden, insbesondere ist die Vorgabe einer Mindestannahmequote zulässig und wie hoch darf diese Quote sein?
3.2. Irritationen während der Annahmefrist: Das Mietverhältnis wird während der Annahmefrist aufgelöst. Es tritt die Ehegattin/Lebensgefährtin in den Mietvertrag ein. Änderungswünsche seitens der präsumtiven Käufer während der Annahmefrist. Ableben des Mieters (gibt es Erben, sind diese eintrittsberechtigt oder nicht).
3.3. Annahme: Wie erfährt der präsumtive Käufer im Falle einer vorgegebenen Annahmequote, ob diese erreicht worden ist. Welche Urkunden muss der präsumtive Käufer bei Annahme vorlegen (Staatsbürgerschaftsnachweis , Reisepass, allfällige von den Gläubigern verlangte Urkunden)? Wann sollen die Verträge unterfertigt werden? Bis wann ist der in bar zu leistende Kaufpreis beim Treuhänder zu erlegen?
Mit der Erfüllung der Zahlungsverpflichtung wird der Mieter zum Wohnungseigentumsbewerber. Welche Bestimmungen des WEG 2002 sind anzuwenden, gelten die Erwerberschutzvorschriften?
3.4. Nichtannahme Vorkaufsrecht: Muss die GBV ein Vorkaufsrecht auch im Falle eines freiwilligen Anbotes einräumen? Entsteht das Vorkaufsrecht auch, wenn eine vorgegebene Mindestannahmequote nicht erreicht worden ist? Bleibt das Vorkaufsrecht aufrecht, wenn vor dessen Ablauf das Mietverhältnis aufgelöst wird? Ist es einem Nachmieter einzu-räumen? Muss das Vorkaufsrecht im Grundbuch einverleibt werden?
3.5. Anbot an Mieter bereits mit Mietvertragsabschluss: Wird dem Mieter bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des Miet-vertrages ein Anbot zum Erwerb des Objektes in zehn Jahren ge-legt ist zu bedenken, dass während der Laufzeit des Anbotes allenfalls mehrmals Gesetzesänderungen in Kraft treten. Welche Normen sind in diesem Fall anzuwenden? Jene, welche im Zeitpunkt der Anbotslegung gültig waren oder jene, welche im Zeitpunkt der Anbotsannahme bzw. Übertragung ins Wohnungseigentum gültig sind?
4. Kaufvertrag: 4.1. Allgemeines: Grundsätzlich sind in den Kaufvertrag zur nachträglichen Übertragung in das Wohnungseigentum alle Bestandteile des "gewöhnlichen" Kaufvertrages, wie Bezeichnung der Vertragsparteien, Beschreibung des Kaufobjektes, Kaufvereinbarung, Kaufpreis, Gewährleistung, Aufsandung ua aufzunehmen.
Darüber hinaus wird darauf zu verweisen sein, dass Verkäuferin eine GBV ist, der Kaufvertrag aufgrund eines angenommenen An-botes der GBV zustande kommt, das WGG anzuwenden ist und dem Käufer das Kaufobjekt bisher in Bestand gegeben war und er es bisher als Mieter selbst benutzt, weiters, dass Wohnungseigentum begründet werden soll und die Nutzwerte bereits fest gesetzt sind.
4.2.Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum: Ist die Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum und deren Anmerkung im Grundbuch erforderlich?
4.3. Kaufpreis, Schuldübernahme: Wie hat die GBV den Kaufpreis ermittelt und muss der Kaufpreis aufgeschlüsselt werden (Gesamtkaufpreis, Barkaufpreis, Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge, zu übernehmende Restdarlehen, rück zu zahlende Wohnbauförderungsdarlehen, Finanzierungsbeitrag, allfällige Forderungsabtretungen, Umsatzsteuer ja oder nein, Kosten für Urkundenverfasser und Treuhänder, aufgegliedert in Honorar, Barauslagen, Umsatzsteuer und Gebühren). Grunderwerbsteuer und Grundbucheintragungsgebühr sind gesondert auszuweisen. Sind allfällige Fremdfinanzierungskosten (und Grundbucheintragungsgebühr für das Pfandrecht) anzugeben?
Hinsichtlich der Hypothekardarlehen ist anzuführen, wie hoch die Gesamtaushaftung ist, welche Teile zu übernehmen und welche rück zu zahlen sind, wie die Aufteilung auf alle künftigen Wohnungseigentümer erfolgt und welche Beträge demnach auf das kaufgegenständliche Objekt entfallen. Die Schuldübernahme ist vertraglich fest zu halten.
Kann eine eindeutige Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer ermittelt werden, dann kann der Vertrag selbst berechnet werden. Ist dem nicht so, muss er beim Finanzamt angezeigt werden.
4.4. Treuhandauftrag: Ist die treuhändige Abwicklung überhaupt erforderlich? Welche Aufträge werden treuhändig erteilt bzw. wann soll die Aus-zahlung erfolgen (rück zu zahlende Darlehen an die Gläubiger , Restkaufpreis an die GBV) nach Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung, nach Anmerkung der Zusage der Einräumung des Wohnungseigentums, nach Einverleibung des Eigentums- und Wohnungseigentumsrechtes?
4.5. Stichtage: Wohnungseigentümer wird der Käufer mit Einverleibung des Woh-nungseigentums im Grundbuch. Dieser Zeitpunkt ist nicht bestimmbar. Zu welchem Zeitpunkt kann daher das Mietverhältnis aufgelöst werden, wann gehen die Rechte und Pflichten auf den Wohnungseigentümer über, welcher Zeitpunkt wird für die Über-gabe und Übernahme des bereits auf Grundlage des Mietvertrages genutzten Kaufobjektes vereinbart und welcher für den Übergang der Verrechnung nach dem WGG auf das WEG? In welchem Zeitraum kann die GBV die Umstellung der Verrechnung durchführen?
Welcher Stichtag wird für die anteilige Schuldübernahme und welcher für die Auszahlung der rück zu zahlenden Darlehen vereinbart? Die Höhe der Beträge sind im Kaufpreis zum Zeitpunkt der Anbotslegung zu berücksichtigen, die Tilgung erfolgt laufend weiter. Wie können die Beträge zu einem Stichtag berechnet werden?
4.6. Genehmigungen: Bedarf der Kaufvertrag wegen aufrechter Veräußerungsverbote der Genehmigung durch das Land oder wegen der Staatsbürgerschaft des Käufers durch die zuständige Ausländergrundverkehrsbehörde?
4.7. Gewährleistung: Zu beachten ist, dass der Käufer das Kaufobjekt bisher als Mieter nutzt und er es daher bestens kennen muss, aber auch klar ist, dass das Kaufobjekt entsprechende Gebrauchsspuren aufweisen wird. Wofür kann die GBV heran gezogen werden? Ist zu unterscheiden zwischen den Wohnungseigentumsobjekten und den allgemeinen Teilen der Liegenschaft? Ist die Erstellung einer Fotodokumentation oder eines Bauzustandgutachtens sinnvoll? Welcher Zeitpunkt ist maßgebend?
5. Wohnungseigentumsvertrag: Für die Verfassung des Wohnungseigentumsvertrages ist zu beachten, dass die Käufer das Objekt bereits als Mieter nutzen und eine Gemeinschaft gebildet haben. Wesentliche Änderungen wird die GBV nicht durchsetzen können. Im Hinblick auf die bisherigen Mietverhältnisse wird insbesondere zu berücksichtigen sein:
5.1. Aufteilungsschlüssel: Welcher Aufteilungsschlüssel soll zur Anwendung kommen, ist die Vereinbarung abweichender Schlüssel und die Bildung gesonderter Abrechnungs- und Abstimmungseinheiten sinnvoll? Kann auch, wenn bisher der Nutzflächenschlüssel angewandt worden ist und nunmehr der Nutzwertschlüssel vereinbart werden soll, ein abweichender Betriebskostenschlüssel, zB für die Waschküche vereinbart werden? Ist das HeizkostenabrechnungsG zwingend anzuwenden?
5.2. Rücklage: Zu beachten ist, dass bei der nachträglichen Übertragung ins Wohnungseigentum alle Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge in die Rücklage übertragen werden, gleichgültig, wie viele Wohnungseigentumsobjekte tatsächlich verkauft werden. Die GBV als Mit- und Wohnungseigentümerin muss selbst zur Dotierung der Rücklage beitragen. Die Rücklage ist getrennt vom Vermögen der GBV zu verwalten, allenfalls auf Anderkonten.
5.3. Erhaltungspflichten: Treffen die GBV als vermietende Wohnungseigentümerin andere Erhaltungspflichten als bisher bzw gibt es Unterschiede in der Abgrenzung allgemeiner und individueller Erhaltungspflichten im WEG zum WGG bzw MRG?
Autor: Dr. Rudolf Schweinhammer Quelle: Seminar an der Akademie für Recht und Steuern - ARS, Wien;
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