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Das Angebot für Bauwillige ist groß: Bausparkredite, klassische Bankdarlehen, Wohnbankdarlehen, Kredite in Euro, Schweizer Franken oder Yen, fixe oder variable Verzinsung. Ein Leitfaden für Hausbau und Wohnungskauf. Wer sich im Frühjahr 2004 endlich den Traum von den eigenen vier Wänden erfüllen will, hat die Qual der Wahl: Dank des anhaltenden Zinsentiefs sind Kreditzinsen so niedrig wie noch niemals zuvor. Die fünf Bausparkassen sowie Banken, Spar- und Raiffeisenkassen und Volksbanken umwerben mit vielfältigen Angeboten Häuselbauer und Wohnungskäufer. Und die zinsgünstigen Kredite in Schweizer Franken oder japanischen Yen werden von der Nationalbank und der Finanzmarktaufsicht zwar scheel angeschaut, von den Geldinstituten aber weiterhin angeboten. Auf dem Immobilienmarkt sind die Preise nach wie vor relativ günstig. Das eigene Haus oder die eigene Wohnung werden nach der Devise "Rate statt Miete" zunehmend auch als eine Form der Altersvorsorge interessant. Die Geldinstitute verzeichnen deshalb schon seit dem vierten Quartal 2003 eine steigende Nachfrage nach Wohnbaufinanzierungen. Im bevorstehenden Frühling wird sich dieser Trend vermutlich noch verstärken. Experten empfehlen, in jedem Fall einen detaillierten Finanzierungsplan zu erstellen, bevor man darangeht, ein Immobilienvorhaben zu verwirklichen. Schließlich ist der Kauf eines Hauses oder einer Eigentumswohnung für die meisten von uns die mit Abstand größte Investition, die man in seinem ganzen Leben tätigt. Bei diesem Finanzplan dürfen nicht nur die Kauf- beziehungsweise Errichtungskosten der angepeilten Immobilie einkalkuliert werden. Paul Provaznik von der Optinvest Vermögensberatung GmbH empfiehlt, für Nebenkosten bis zu 20 Prozent des Basisbetrags in Rechnung zu stellen. Schließlich fallen -diverse Gebühren für Vertragserrichtung und Grundbucheintragung an, oder es muss unter Umständen ein Grundstück erst entsprechend mit Strom, Wasser, Kanal, Zufahrt et cetera aufgeschlossen werden. Weil niemand zwischen leeren Wänden hausen will, braucht man zusätzlich Geld. Ohne Kücheneinrichtung würde man sich im neuen Heim ja nicht wohlfühlen. Und nicht zuletzt muss sich jeder potenzielle Bauherr dafür wappnen, dass die Zinsen wieder einmal nach oben gehen werden, auch wenn niemand sagen kann, wann und wie stark. Ganz ohne Eigenmittel sollte kein Immobilienprojekt gestartet werden. Wie hoch diese sein müssen, hängt natürlich in erster Linie vom Einkommen ab. Die Rückzahlungsverpflichtung aus einem Kredit, der bei größeren Finanzierungsvorhaben in der Regel hypothekarisch besichert sein wird, muss ebenfalls mit dem verfügbaren Haushaltseinkommen in Einklang stehen. Eine längere Kreditlaufzeit, im Extremfall bis zu 30 Jahren, er gibt zwar eine höhere Gesamtbelastung, kann aber in manchen Fällen dennoch vorteilhaft sein. Die monatliche Belastung ist geringer und deshalb leichter verkraftbar. Viele Geldinstitute bieten Kredite mit flexiblen Raten an. So kann etwa die Monatsrate für den Kredit anfangs niedrig sein und später ansteigen. Gerade für Jungfamilien ist das günstig, weil das Geld bei der Hausstandsgründung meist besonders knapp ist. Nicht vergessen darf man, dass ein Haus oder eine Wohnung auch laufende Betriebskosten verursacht und spätestens ein paar Jahre nach dem Einziehen die Instandhaltungsarbeiten anfangen. Die sicherlich günstigsten Finanzierungen für ein neues Haus oder eine neue Wohnung sind die Wohnbauförderungsdarlehen der jeweiligen Bundesländer. Sie kosten teilweise nur ein Prozent Zinsen pro anno, die Laufzeiten reichen bis zu 30 Jahren. Um sie zu bekommen, muss man allerdings die Förderungsbestimmungen des jeweiligen Bundeslandes erfüllen. In erster Linie geht es dabei um - je nach Familiengröße gestaffelte - Einkommensobergrenzen, das Wohnobjekt darf außerdem eine bestimmte Größe (auch hier wird nach Kinderzahl differenziert) nicht überschreiten. Besserverdiener gehen dabei ebenso leer aus wie Bauherren mit einer Vorliebe für große Objekte. Ob man ein Euro- oder ein Fremdwährungsdarlehen aufnimmt, muss jeder Bauwillige nach eingehender Beratung durch Finanzexperten für sich entscheiden. "Einen Schweizer-Franken-Kredit nur deshalb aufzunehmen, weil der Bruder oder der Nachbar einen hat oder weil das derzeit gerade im Trend liegt, ist der falsche Weg" betont Thomas Hübschmann, Produktmanager für Finanzierungen in der Bank Austria Creditanstalt. Auch Peter Bosek, der in der Erste Bank das Geschäftsfeld Filialen Österreich leitet, meint, "der Fremdwährungskredit ist kein Produkt für jedermann." Wer sich für eine Finanzierung in fremder Währung entscheidet, kann mit niedrigeren Nominalzinssätzen als im Euro rechnen. Dieser Zinsvorteil erklärt den Run, den es in Österreich in den vergangenen Jahren auf Fremdwährungsfinanzierungen gab. Im Ausland sind derartige Kredite in fremder Währung für private Bauvorhaben kaum gebräuchlich. In Österreich begann es mit Franken-Krediten in Vorarlberg, mittlerweile werden im ganzen Bundesgebiet Fremdwährungskredite angeboten. Besonders eifrig tätig sind auf diesem Gebiet diverse Finanzberater und Strukturvertriebe. Im Gegenzug zu niedrigen Nominalzinssätzen nimmt man beim Fremdwährungskredit gleich mehrere Risken in Kauf: Die Zinsen für Franken oder Yen können in Zukunft nach oben gehen, außerdem kann sich der Wechselkurs dieser Währungen für die Kreditnehmer ungünstig entwickeln. Fremdwährungskredite werden häufig endfällig in Kombination mit einem Tilgungsträger angeboten. Mit diesem Tilgungsträger, entweder einem Aktienfonds oder einer Versicherung, wird der am Ende der Laufzeit fällige Rückzahlungsbetrag angespart. Im Idealfall übertrifft der aus dem Tilgungsträger resultierende Anlageertrag die Zinskosten für den Kredit. Entwickelt sich der Tilgungsträger schlechter als erwartet, weil etwa die Aktienmärkte auf Talfahrt gehen, ist der Kredit am Ende der Laufzeit nicht zur Gänze abgedeckt. Dann braucht der Kreditnehmer den nötigen finanziellen Spielraum, um den Fehlbetrag verkraften zu können. Noch fataler ist es, wenn etwa die Fondsgesellschaft oder Versicherung, bei der man anspart, Pleite macht. Laut Bosek ist die Auswahl des Tilgungsträgers bei einem Fremdwährungskredit "kriegsentscheidend", man sollte hier unbedingt auf Seriosität achten. Weil beim Fremdwährungskredit höhere Risken bestehen als bei einer simplen Euro-Finanzierung und im ungünstigsten Fall erhebliche Verluste auftreten können, sollte der Kreditnehmer eine gute Bonität haben. Er muss sich de facto von seiner Einkommens- und Vermögenssituation her den teureren Euro-Kredit leisten können, nur dann kommt er für den günstigen Kredit in fremder Währung in Frage. Wer sich ein Bauprojekt gerade noch zu den extrem tiefen Yen-Zinssätzen leisten kann, ohne unter der finanziellen Belastung zusammenzubrechen, sollte die Finger davon lassen. Fremdgegangen wird von Darlehensnehmern derzeit fast nur in Richtung Schweiz. Yen-Kredite, die bis vor wenigen Monaten boomten, sind kaum noch gefragt. Der Zinsunterschied zum Franken ist relativ gering, das Währungsrisiko beim Yen aber ungleich höher. Die japanische Währung gilt bei Devisenexperten als "unberechenbar", die Kursausschläge sind enorm. Vereinzelt gibt es Nachfrage nach US-Dollar-Finanzierungen, findige Finanzberater peilen für die Zukunft für Wagemutige sogar den Singapur-Dollar als Kreditwährung an. Ganz besonders wichtig ist bei Finanzierungen in fremder Währung, dass man sich laufend damit beschäftigt oder -einen Finanzberater damit betraut. "Einfach einen Dauerauftrag geben, der die kommenden 20 Jahre läuft, ist -entschieden zu wenig", meint BA-CA-Experte Hübschmann. Vor allem die Entwicklung des Wechselkurses sollte ständig beobachtet werden. Die meisten Geldinstitute informieren ihre Kunden in bestimmten Abständen über den aktuellen Gewinn- beziehungsweise Verluststatus ihrer Finanzierung. Gerät der Kredit erheblich "unter Wasser", weil der Tilgungsträger oder der Wechselkurs sich negativ entwickelt, müssen entweder zusätzliche Sicherheiten beigebracht werden oder der Kunde muss nachschießen. Auch wenn etwa Josef Schmidinger, Generaldirektor der S-Bausparkasse, Yen-Finanzierungen wegen der damit verbundenen Risken einmal als "Bungee-Jumping mit Gummiringerl" bezeichnete, waren Fremdwährungskredite im Langzeitvergleich bisher durchwegs günstiger als solche in Schilling beziehungsweise in Euro. Nur in ganz kurzen Phasen fuhr man mit Yen oder Franken schlechter. Im vergangenen Jahr hat sich dennoch so mancher Häuselbauer aus der japanischen Währung verabschiedet. Viele, die bis dahin mit ihrer Yen--Finanzierung gut gefahren sind- und im Plus waren, brachten ihre Schäfchen ins Trockene und schuldeten auf Schweizer Franken um. Eher selten erfolgte der Umstieg vom Yen in den Euro, für den etwa die Bausparkassen heftig die Werbetrommel rührten. Der Währungswechsel ist natürlich nicht gratis, sondern mit Spesen verbunden. So fallen dafür zum Beispiel bei der Erste Bank 0,5 Prozent vom betreffenden Betrag, mindestens aber 182 Euro plus Überweisungsspesen von mindestens acht Euro an. Finanzmarktaufsicht und Notenbank versuchen, wie erwähnt, den Boom bei Fremdwährungskrediten einzubremsen. Schon jetzt müssen Geldinstitute Kunden vor Abschluss derartiger Finanzierungen umfassend beraten. Eine Gesetzesnovelle, die derzeit in Begutachtung ist, soll diese Informationspflicht noch intensivieren. Bankkredite in Euro für Wohnbauzwecke werden sowohl mit variablem als auch mit fixem Zinssatz angeboten. Die Laufzeiten reichen in der Regel bis zu 25 Jahren. Die variablen Varianten orientieren sich meist am Geldmarktzinssatz, in der Regel am Drei-Monats-Euribor. Darauf schlagen die Banken ihre Marge von bis zu zwei Prozent auf. Gute Kunden können einen günstigeren Satz aushandeln, Verhandlungsgeschick ist hier durchaus gefragt. Bei den Fix-Varianten ist der Zinssatz meist bloß auf ein bis höchstens drei Jahre fixiert, danach wird auf variable Verzinsung gewechselt. Der Kunde kann aber auch eine weitere Fixzinsvereinbarung eingehen. Längere Fixzinsvereinbarungen werden zwar -angeboten, sind aber relativ teuer und daher nicht zu empfehlen. Ob man sich für eine fixe oder eine variable Verzinsung entscheidet, ist Einstellungssache. Zu bedenken ist dabei, dass das Zinsniveau allenfalls nochmals leicht sinken dürfte, andererseits ein deutlicher Zinsanstieg zumindest auf mittlere Sicht nicht zu erwarten ist. Etwas günstiger als der "klassische" Bankkredit sind Wohnbankdarlehen. Die Mittel stammen hier aus Wohnbauanleihen, die steuerlich begünstigt sind. Den daraus -resultierenden Vorteil geben die Institute zu etwa einem Drittel an den Anleihenkäufer weiter, zu zwei Drittel an den Kreditkunden. Auch Wohnbankdarlehen sind sowohl mit fixer als auch mit variabler -Verzinsung erhältlich, bei der BA-CA auch in fremder -Währung. Bausparkredite haben gegenüber den klassischen Bankkrediten (mit denen sie derzeit zinsenmäßig durchaus konkurrieren können) einen entscheidenden Vorteil. Ihr Zinssatz kann auf höchstens sechs Prozent steigen. Diese Zinsobergrenze, die nichts kostet, während Banken für ZinsCaps Kosten verrechnen, ist zwar nicht gesetzlich fixiert. Sie wurde aber in der Vergangenheit nie überschritten - auch dann nicht, als für normale Bankfinanzierungen die Zinssätze bei zehn Prozent und mehr lagen. Wer seine Nerven schonen und sich um nichts kümmern will, wird daher zum Bausparkredit greifen. Derzeit liegen die Nominalzinssätze für Bauspardarlehen allerdings weit unter der Sechs-Prozent-Marke. Falls der Kunde eine Bausparfinanzierung braucht und keinen Eigenmittelanteil angespart hat, kann er über einen Zwischenkredit sofort zur gewünschten Finanzierung kommen. Die Nominalzinssätze für die Zwischendarlehen sind angesichts des derzeitigen Zinsentiefs sogar günstiger als die für das an die Phase der Zwischenfinanzierung anschließende Bauspardarlehen. Betragsmäßig gibt es bei Bauspardarlehen eine Obergrenze. Pro Person sind höchstens 150.000 Euro zulässig, ein Paar (Lebensgefährten sind Ehepaaren gleichgestellt) kann- also gemeinsam ein 300.000-Euro-Darlehen aufnehmen. Bei der Rückzahlung von Bausparfinanzierungen wird meist eine Mischrate -angeboten, die in der Phase der Zwischenfinanzierung und während der Laufzeit des echten Bauspardarlehens gleich hoch ist. Möglich sind aber auch unterschiedliche Raten für Zwischen- und Bauspardarlehen. Weil die fünf Bausparkassen im Vorjahr stark unter der Konkurrenz der billigen Fremdwährungskredite litten und derzeit im Geld schwimmen, werden die potenziellen Kunden mit Lockangeboten umgarnt. So bietet etwa die Bausparkasse Wüstenrot Stammkunden einen deutlich geringeren Nominalzinssatz an. Statt 2,9 Prozent zahlen sie nur 1,9 Prozent. Als Stammkunde gilt jeder, der seit mindestens einem Jahr ein Wüstenrot-Produkt (Versicherung, Bausparvertrag etc.) hat. Bei einem Kreditbetrag von 300.000 Euro und 20 Jahren Laufzeit reduziert sich dadurch die Gesamtbelastung von 428.200 Euro auf 416.600 Euro. Einen anderen Weg geht die S-Bausparkasse, bei der Neukunden im Rahmen der laufenden Aktion die erste Monatsrate geschenkt wird. Die anderen Bausparkassen haben im Rahmen einer "Frühjahrsoffensive" ihre Zinsen gesenkt oder werden dies in den kommenden Wochen wohl noch tun. "Mit unseren neuen Finanzierungskonditionen ist der Abstand zu Fremdwährungskonditionen stark zusammengeschmolzen", meint etwa Erich Rainbacher, Generaldirektor der Raiffeisen Bausparkasse. Unter Berücksichtigung der Spesen und des Wechselkursrisikos lohne sich ein Euro-Kredit mehr als eine Finanzierung in Franken oder Yen. Praktisch kaum noch von -Bedeutung sind für die Finanzierung von privaten Bauvorhaben die Versicherungsdarlehen. Sie waren in Hochzinsphasen en vogue, weil sie damals deutlich billiger waren als Bankkredite. Dieser Wettbewerbsvorteil ist mittlerweile nicht mehr existent, die Versicherungen überlassen das Terrain wieder den Banken und Bausparkassen. Konsumentenschützer empfehlen potenziellen Häuselbauern oder Wohnungskäufern, unbedingt mehrere Finanzierungsvorschläge einzuholen. Vergleichen und Verhandeln bei Zinsen und Gebühren lohnt sich in jedem Fall. Nach einem -EU-Verhaltenskodex, zu dessen Einhaltung sich in Österreich insgesamt 500 Banken verpflichtet haben, muss der Kunde beim Erstgespräch eine Infobroschüre und ein Muster offert erhalten. Damit soll eine leichtere Vergleichbarkeit der verschiedenen Angebote gewährleistet werden. Wichtig ist- auch, zu klären, ob bei einem Wohnbaudarlehen eine vorzeitige Tilgung möglich ist und welche Spesen das Geldinstitut dafür allenfalls verrechnet. Autor: C. Domforth Quelle: "Die Presse", Investment: Das Anlage-Journal, Heft 1; 3/2004
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