Niemand wühlt in Ihren Sachen Als ich vor 30 Jahren als Kandidat im Notariat begann, dachte ich - wie Sie liebe Leserinnen und Leser vielleicht auch - dass in jedem Todesfall der Notar als Gerichtskommissär zur Inventur des Nachlasses in die Wohnung des Verstorbenen kommt. Machen Sie sich keine Sorgen. Dem ist nicht so. Niemand wühlt in Ihren Sachen. Im Wege über das Bezirksgericht des Wohnortes des Verstorbenen erhält der nach einer feststehenden Verteilungsordnung zuständige Notar die Sterbeurkunde des Standesamtes. Der Notar lädt zur Ergänzung der Todesfallaufnahme in seine Kanzlei ein. Unabhängig davon können Sie den Notar Ihres Vertrauens, z.B. jenen Kollegen, der das Testament des Verstorbenen verwahrt, mit der Durchführung der Verlassenschaftsabhandlung auf schriftlichem Wege beauftragen. Todesfallaufnahme Die Todesfallaufnahme dient der Erhebung der Daten des Verstorbenen, seiner Familienangehörigen, seiner Erben, der Pflichtteilsberechtigten, der Vermögenswerte, aber auch der Verbindlichkeiten. Anlässlich der Todesfallaufnahme kann der Gerichtskommissär die Kosten eines einfachen Begräbnisses sofort freigeben. Darüber hinaus werden anlässlich dieses Termins die letztwilligen Anordnungen (Testamente, Kodizille) übernommen. Das Originaltestament wird vorgelesen und verbleibt beim Notar, der es dann an die Urkundensammlung des Abhandlungsgerichtes weiterleitet. Verlangen Sie immer eine Kopie. Verlassenschaftsabhandlung In den meisten Fällen unterbleibt eine Verlassenschaftsabhandlung oder wird der Nachlass an Zahlungs statt demjenigen überlassen, der die Beerdigungskosten bezahlt hat. Kommt es zu einer Verlassenschaftsabhandlung, wird unterschieden zwischen der unbedingten und der bedingten Erbantrittserklärung.
Was bedeutet bedingt oder unbedingt? "Unbedingt" heißt, Haftung des Erben mit seinem Privatvermögen für alle Schulden des Verstorbenen, egal ob er die Verbindlichkeiten kannte oder nicht, und egal ob das Nachlassvermögen zu ihrer Bezahlung ausreicht. "Bedingt" heißt Haftung des Erben für Schulden des Verstorbenen bloß bis zu jenem Betrag, den er vom Verstorbenen erbt. Verbunden mit der Abgabe der bedingten Erbantrittserklärung ist die Schätzung und Inventur des Nachlasses. Nur in diesem Fall kommt der Notar von Amts wegen mit einem Sachverständigen in die Wohnung. Die bedingte Erbantrittserklärung ist mit einem Gläubigeraufruf zu verknüpfen. Die Verlassenschaftsabhandlung endet mit dem Einantwortungsbeschluss, der auch die Vermögenswerte freigibt. Danach geht der Verlassenschaftsakt zum Finanzamt zur Berechnung der Erbschaftssteuer. Nach Bezahlung derselben wird die steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung ausgestellt, die für die Verbücherung des Abhandlungsergebnisses im Grundbuch erforderlich ist.
Autor: Dr. Rudolf Schweinhammer, Notar des Wiener Roten Kreuzes. Quelle: Vorrang für das Wiener Rote Kreuz, Nr. 7/ 2006, S. 12-13
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