Notar Dr. Schweinhammer
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14 Nov. 2024; 20:33
EIGENKAPITALERSATZ
 
Kredite in Krisen: "Das neue Gesetz ist ein Hammer"

Das neue Eigenkapitalersatz-Gesetz macht Kredite an Unternehmen in der Krise
noch riskanter als bisher. Ein Seminar mit der "Presse" zeigte auf, warum.


WIEN (kom). "Das neue Eigenkapitalersatz-Gesetz ist ein Hammer, und zwar im
negativen, nicht im positiven Sinn." Rechtsanwalt Johannes Reich-Rohrwig
sieht ab nächstem Jahr schwere Zeiten auf Teilhaber von
Kapitalgesellschaften zukommen, die ihrem Unternehmen in der Krise mit einem
Kredit oder einer Bürgschaft unter die Arme greifen wollen. Denn zum
Jahreswechsel tritt das neue Eigenkapitalersatz-Gesetz in Kraft. Es macht,
wie ein vom Weiterbildungszentrum der WU in Zusammenarbeit mit der "Presse"
veranstaltetes Seminar gezeigt hat, so manche Zuwendung an marode
Gesellschaften noch riskanter, als sie ohnehin schon ist.


Rückzahlung verboten
Der Grundgedanke des von der deutschen Judikatur entwickelten, von den
österreichischen Gerichten übernommenen und nun erstmals in Gesetzesform
gegossenen Eigenkapitalersatz-Rechts: Wer einer Gesellschaft, an der er
beteiligt ist, einen Kredit gewährt, anstatt wirtschaftlich nötiges
Eigenkapital zuzuführen, soll sein unternehmerisches Risiko nicht auf die
Gesamtheit der Gläubiger abwälzen. Deshalb werden solche Kredite rechtlich
wie Eigenkapital behandelt: Solange die Krise andauert, dürfen die Kredite
nicht zurückgezahlt werden, im Konkursfall steht der Gesellschafter im Rang
anderen Gläubigern nach.


Wurde ein eigenkapitalersetzender Kredit trotz Krise zurückgezahlt, hat die
Gesellschaft - oder der Masseverwalter - einen Anspruch auf Rückerstattung,
und zwar, wie Reich-Rohrwigs Kanzleikollegin Daniela Karollus-Bruner betont,
nicht nur des Kapitals, sondern auch der Zinsen. Einem Gesellschafter, der
das Darlehen vor der Pleite an sich selbst auszahlt, droht überdies eine
strafrechtliche Verurteilung wegen betrügerischer Krida - eines Delikts, das
bei einem Schaden über 40.000 Euro mit bis zu zehnjähriger Freiheitsstrafe
bedroht ist und daher in aller Regel zu einer unbedingten Haftstrafe führt,
warnt Reich-Rohrwig.


Auf gefährlichem Boden bewegen sich ab 2004 auch Gesellschafter, die für
Kredite ihres Unternehmens Sicherheiten bieten, seien diese persönliche
(Bürgschaft, Garantie, Patronatserklärung) oder dingliche (Pfand,
Hypotheken). In diesen Fällen hat der besicherte Gläubiger einen direkten
Anspruch gegen den Gesellschafter, ohne zuvor gegen die Gesellschaft
vorgehen zu müssen. "Das gibt ein böses Erwachen", warnt Reich-Rohrwig. Nach
seiner Erfahrung arbeiten sehr viele GmbHs mit gesellschafterverbürgten
Krediten, und sehr viele von ihnen sind auch "permanent in der Krise".


Das Gesetz legt allerdings - und insoweit bringt es gegenüber der Judikatur
eine gewisse Milderung - einen Mindestanteil von 25 Prozent an der maroden
Gesellschaft fest, um die Folgen des Eigenkapitalersatz-Rechts spielen zu
lassen. Wer weniger Anteile hat, braucht die verschärfte Haftung nur dann zu
fürchten, wenn er die Gesellschaft "kontrolliert" (etwa durch das Recht, die
Mehrheit im Leitungs- oder Aufsichtsorgan zu bestellen oder abzuberufen)
oder beherrschenden Einfluss auf sie hat. "Das ist auch der faktische
Geschäftsführer, der die Geschicke der Gesellschaft lenkt", so
Reich-Rohrwig. Im Interesse der Banken werden bestimmte, für sie typische
Beteiligungen nicht berücksichtigt: etwa im Rahmen des Beteiligungs- und des
Investmentfondsgesetzes oder des Pensionskassengesetzes.


Zur Feststellung der Krise gibt es jetzt genaue Kennzahlen: Sie liegt vor,
wenn die Eigenmittelquote laut letzter Bilanz weniger als acht Prozent und
die fiktive Schuldentilgungsdauer mehr als 15 Jahre betragen. Vor allem die
Acht-Prozent-Grenze öffnet die Möglichkeit zu bilanziellen Abwehrstrategien
gegen den Eigenkapitalersatz: So könnte ein Gesellschafter bei einem
größeren Kapitalbedarf nur den zum Überschreiten dieser Marke nötigen Teil
als (von ihm selbst durch Kredit aufgenommenes) Eigenkapital zuführen, für
den Rest aber eine Bürgschaft zu einem Bankkredit der Gesellschaft eingehen.
Diese Sicherheit würde dann nicht dem neuen Gesetz unterliegen, erläutert
Reich-Rohrwig.


Quelle: "Die Presse" vom 15.12.2003, S. 14