Wechselkursrisiko. OeNB und FMA warnen. Wien (ps). Die Österreicher sind ein taubes Volk. Zumindest wenn es um Fremdwährungskredite geht. Gebetsmühlenartig warnen Oesterreichische Nationalbank (OenB) und Finanzmarktaufsicht (FMA) nun schon seit Jahren vor den "riskanten Währungsspekulationen", auf die sich die Österreicher einlassen, wenn sie ihr Haus in Franken, Yen und Co. finanzieren. Die Österreicher lassen sich jedoch nicht beirren: Inzwischen sind ein Drittel (!) aller Privatkredite in Österreich in fremder Währung aufgenommen - vornehmlich in Schweizer Franken. Am Freitag war es erneut so weit: FMA und OeNB präsentierten in Wien einen Folder, der die Risiken von Fremdwährungskrediten anhand von drastischen Rechenbeispielen aufzeigt. Der Folder, der unter anderem zeigt, dass Yen-Kredite zeitweise um bis zu 30 Prozent teurer waren als Euro-Kredite, wird in Banken und bei Finanzdienstleisern aufliegen. Das soll die Österreicher, die in Geldsachen ansonsten nicht so riskofreudig sind, zur Raison bringen und den Zuwachs an Fremdwährungskrediten eindämmen. Deren Anteil hat inzwischen nämlich schon ein für die Volkswirtschaft gefährliches Ausmaß erreicht, meinte FMA-Vorstand Kurt Pribil. Rund 53 Mrd. Euro oder ein Fünftel aller in Österreich ausständigen Kredite sind in fremder Währung aufgenommen. "Wir freuen uns zwar über jeden, der dabei Gewinn macht. Aber Wechselkurse verhalten sich nicht immer so wie in der Vergangenheit, sondern täglich neu", warnte OeNB-Abteilungsdirektor Andreas Ittner. Risiko für die Volkswirtschaft Würde der Schweizer Franken etwa scharf aufwerten, müssten viele Österreich ihren Kredit in Euro umschulden. Das würde die monatliche Belastung für die Häuselbauer - 60 Prozent aller Fremdwährungskredite werden für Wohnraum aufgenommen - drastisch erhöhen. Der folgende Konsumschock, also die Kaufzurückhaltung, würde das Wirtschaftswachstum dämpfen und so die Volkswirtschaft hart treffen. Allerdings ist der Schweizer Franken, der mit Abstand den Hauptteil der Fremdwährungskredite ausmacht, eng an den Euro gekoppelt und schwankt weit weniger als dies der Wechselkurs zu Yen oder Dollar tut. In den vergangenen 20 Jahren pendelte der Kurs stets zwischen 0,5 und 0,7 Euro je Franken hin und her. Der Zinsvorteil gegenüber dem Euro ist im Vorjahr leicht geschrumpft inzwischen aufgrund der Zinserhöhungen der EZB aber wieder leicht angestiegen. Frankenkredite sind derzeit rund 1,3 Prozent billiger als Euro-Finanzierungen. Firmen reduzieren Franken-Kredite Ittner ortet jedoch eine Trendwende, die von den Unternehmen insbesondere in Westösterreich ausgeht. Tiroler und Vorarlberger Firmen haben den Anteil der Fremdwährungskredite seit Anfang 2003 um jeweils acht Prozentpunkte zurückgefahren. Es sei verwunderlich, dass Privatkunden, die sicherlich weniger Zeit haben auf die Wechselkurse zu achten, sich das Fremdwährungsrisiko eher zutrauen als Unternehmen, meint Ittner. "Es gibt keinen geringeren Aufwand ohne höheres Risiko", so der Notenbank-Experte. Hochburg der Fremdwährungskredite ist immer noch der Westen Österreichs. Vorarlberger Privathaushalte haben weit mehr als die Hälfte ihrer Kredite (58 Prozent) in fremder Währung, in Tirol ist der Wert um sechs Prozentpunkte auf 45 Prozent zurückgegangen. Im Rest Österreichs nimmt die Nachfrage der Privathaushalte nach Fremdwährungskrediten aber immer noch zu. Quelle: Die Presse, 01.07.2006, Seite 25
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