Juristisch gefährliche Spätfolgen hat das Fehlen von Übergangsbestimmungen zum Wohnungseigentumsgesetz 2002.
WIEN (kom). In manchen Wohnungseigentumshäusern tickt eine juristische Zeitbombe: Viele Eigentümer, die sich in Sicherheit wähnen, könnten unversehens bemerken, dass ihr Anteil am Haus rechtlich auf losem Grund steht.
Das Schlamassel zeichnete sich bereits ab, als das Wohnungseigentumsgesetz 2002 in Kraft trat: Der Gesetzgeber hatte für die große Novelle, die neben dem Wohnungseigentum für nicht verheiratete Paare etliche andere Neuerungen materieller (wie gesondertes Wohnungseigentum an Autoabstellplätzen) und formeller Art (geänderte Paragrafenbezeichnungen) brachte, keine Übergangsbestimmung geschaffen. Damit war ab dem Inkrafttreten am 1. Juli 2002 fraglich, was mit damals fertig abgeschlossenen, aber noch nicht zur Verbücherung eingereichten Wohnungseigentumsverträgen zu geschehen hatte. Immerhin kostet der Abschluss solcher Verträge gerade in großen Anlagen einiges.
Manche Grundbuchsführer, vor allem jene in Wien, akzeptierten die auf der überholten Gesetzesgrundlage geschlossenen Verträge nicht, andere ließen, wie auch das Justizministerium empfahl, Großzügigkeit walten. Doch diese erweist sich nun als verhängnisvoll. Denn der Oberste Gerichtshof hat entschieden, dass ab 1. Juli eingereichte Grundbuchsgesuche nur noch nach der neuen Rechtslage zu beurteilen waren (5 Ob 224/03g, "Presse"-Fax auf Abruf: 0900/ 555511-32, max. 1,08 Euro/Min.). Er gab dem Grundbuchsgericht in Graz Recht, das die Verbücherung eines am 20. Juni geschlossenen, aber erst am 7. Oktober 2002 eingereichten Vertrags verweigert hatte. Unter anderem sollte damit das - neuerdings nicht mehr mögliche - Zubehöreigentum an Autoabstellplätzen fixiert werden.
Andreas Vonkilch, Zivilrechtler an der Universität Wien, warnt im Gespräch mit der "Presse" vor den Folgen in Fällen, bei denen die Augen zugedrückt wurden: Statt Wohnungseigentum dürften nun viele Bewohner nur schlichtes Miteigentum erlangt haben, das etliche Nachteile aufweist. Verschärft wird die Problematik dadurch, dass seit der Novelle eine Mischung von Mit- und Wohnungseigentum in ein und demselben Haus nicht mehr möglich ist, sodass ein Fehler in einem einzigen Objekt das ganze Wohnungseigentumskonstrukt ins Wanken bringt. Spätestens wenn jemand versucht, sein "Wohnungseigentum" zu verkaufen, kann das Problem virulent werden. Vonkilch appelliert an den Gesetzgeber, dessen eigenen und die daraus entstandenen Fehler nachträglich zu sanieren.
Quelle: "Die Presse" vom 22.12.2003
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