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- thematische Leitfäden


Das transnationale Netzwerkprojekt SUPERCAMP ist zugleich Untersuchungsinstanz und Spiegelbild für das Netz von Flüchtlings- und Anhaltelagern, aber auch Ferienlagern, therapeutischen Lagern, „Themenparks“ etc., das Europa überzieht. Das „Lager“ steht nicht nur für eine bestimmte Form von Einrichtung, sondern ganz allgemein für die Grundauffassung, dass menschliche Angelegenheiten als logistisches Problem erscheinen. Die abstrakte Identifikation und Organisation von einander fremden Personen muss daher auch nicht notwendig auf zwangsweise und gewaltförmige Lagerformen beschränkt werden. Gerade auch die scheinbar freiwilligen Lagerformen wie Ferienlager, „all inclusive“ Hotelanlagen, Luxuswohnungen in „gated communities“ lassen die strenge Unterscheidung von freiwilligen und unfreiwilligen Lagern problematisch erscheinen.

Über dieses breite Feld von Lagern gilt es, eine „Lagergeschichte“ zu entwerfen, die gerade die ambivalenten Aspekte dieses so mehrdeutigen Phänomens ernstnimmt. SUPERCAMP versteht sich als ersten Schritt für die Erstellung einer längerfristigen Plattform für die Erforschung und Archivierung des Lagers als zentrale Existenzform von hoch- und postindustriellen Gesellschaften. Daher beginnt SUPERCAMP mit der Erstellung und Präsentation eines multi-medialen Archivs, das sowohl als Website als auch als Internet-TV entwickelt wird.

Hier nennen wir einige Punkte, die uns besonders interessieren werden:

  • Freiwillige Lagerbildungen (Hotels, Ferienanlagen, Sommer Camps etc.)

  • Unfreiwillige Lager (Anhalte- und Flüchtlingslager etc.) auch in zeitgenössischen Demokratien

  • „Gated communities“ – überwachte Wohnanlagen und „Themenwohnen“

  • Die historisch-etymologische Erforschung des Lagers ausgehend vom militärischen Lager auf dem freien „Feld“ (lat. campus). In diesem Rahmen auch die Untersuchung der schwer zu entschlüsselnde Beziehung zwischen dem „camp“ als sozialer bzw. juridischer Einrichtung und „camp“ als ästhetischer Begriff für eine extrem künstliche und theatralische, tendenziell die Geschlechterrollen überschreitende („queer“) Form der Selbstdarstellung (wie schon in den Sechziger Jahren von Susan Sontag beschrieben und seither vor allem mit Andy Warhol assoziiert).

  • Aspekte und Eigenschaften des Lagers als Symptom: Organisation, Disziplin, Geschlossenheit, Isolation, Regeln des Verhaltens

  • Das Verhältnis von privaten und öffentlichen Räumen und die juridische Definition eines Raumes, den Giorgio Agamben als einschließende Ausschließung beschrieben hat. Das Lager als permanenter Ausnahmezustand, der außerhalb des Rechts steht und doch sein eigenes Recht erlässt.

  • Das Lager als „soziales Spiel“, als Organisation des „nackten Lebens“ und „Nacktheit“ der Organisation. Die Frage, ob das Lager als tendenziell anonymer, verleugneter und vorübergehender Ort, als „Durchgangslager“ ein Ort ohne Gedächtnis ist. Ist ein Archiv des Lagers möglich oder ist das Lager ein Ort der Heimsuchung („haunted camp“)?


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